Samstag, 29. September 2018

Thesen zur Digitalisierung

Thesen zur Digitalisierung

I. Alles, was im menschlichen Leben auf dieser Welt WIRKLICH Relevanz besitzt, ist „analog“ oder „zwischenmenschlich“ (ober zwischen Mensch und Gott).
II. Insofern ist Erziehung, die zur Lebenstüchtigkeit führen will, ebenfalls zwischenmenschlich und/oder analog.

III. Deshalb KANN die digitale Welt nicht Mittel der Erziehung sein.

IV. Die digitale Welt ist da sinnvoll, wo sie das Leben von Erwachsenen vereinfacht. Digitale Medien und Bildschirme können Arbeiten erleichtern oder abnehmen.

V. In der Erziehung / Bildung geht es darum Arbeitsgänge zu erfahren und zu durchleben, es geht nicht darum, sie Kindern und Jugendlichen zu erleichtern oder sie ihnen abzunehmen. Allenfalls geschieht eine Assistenz durch den Erzieher – diese muss aber zwischenmenschlich erfolgen, weil sie genau passend sein muss (nichts abnehmen darf, was Kinder/Jugendliche zumutbar selbst können).

VI. Wer die analoge Welt beherrscht und in ihr lebenstüchtig ist wird als junger Erwachsener an keiner digitalen Herausforderung scheitert.

VII. Ein digitaler Unterricht macht an EINER Stelle Sinn:
Im Sekundarbereich – dort wo es um einen echten EDV- und Programmierunterricht geht. Das kann in wenigen Wochenstunden sinnvoll sein. Nur das, und nur in wenigen Wochenstunden.

Und noch ein paar Worte zu den Möglichkeiten des "digitalen Lernens"

Eines brachte mich zum Nachdenken, die Schilderung von begeistert rechnenden Grundschülern vor Rechen-Lernprogrammen bei denen es darum geht sich virtuelle Belohnungen zu errechnen.
Das ist wenigstens ein Argument, dachte ich. Da rechnen sie wirklich noch Dinge – und machen das gern.
Ja, kann man „mal“ machen. Hin und wieder. In einer Vertretungsstunde oder am letzten Tag vor den Ferien o.ä.
Grundsätzlich allerdings gelten die obigen Thesen auch da.
Und grundsätzlich – natürlich „triggert“ so etwas das Belohnungszentrum.
ABER:
Das Belohnungszentrum ist ein Gewohnheitstier. So eine kleine virtuelle Belohnung ist mal nett, nur wird man keine 30 Schulstunden in der Woche vor dem PC ernsthaft Vokabeln lernen oder Rechenaufgaben lösen um drei virtuelle Bockwürstchen mehr als der Sitznachbar zu haben.
KANN also nur zeitweise funktionieren. Irgendwann merken Kinder dann auch, das Counter-Strike doch cooler ist und das Belohnungszentrum mehr triggert als der Matheblaster.
Wenn sie dann nicht gelernt haben, auch mal fleißig zu „pauken“ wenn es keine virtuelle Belohnung mit Sternchenexplosion und großem Tusch gibt – sondern merken „das Lernspiel kann dauerhaft mit anderen Spielen nicht mithalten – und analog pauken ist noch langweiliger“ - dann bleibt dem Lehrer kein Mittel mehr.

Arbeit KANN schön sein, aber auch die schönste Arbeit ist manchmal langweilig.
Das lernt man als Kind. Nennt sich „Frustrationstoleranz“. Man „beißt sich auch mal durch“. Per aspera ad astra. Dann kommt auch wieder ein neuer Tag oder eine Stunde mit dem Lieblingsfach, die sinnvoll und spannend erlebt wird. Obwohl auch da kein virtueller Tusch ertönt sondern nur wieder ein Lehrer was erklärt.
Und wenn mal Alles doof ist, mit dem Lernen, kommt immer noch irgendwann die Pause.

DAS ist ein Erfahrungswert, der ein Stück Lebenstüchtigkeit vermittelt.
Und das diese Lebenstüchtigkeit bei vielen „Azubis“ und Studenten noch(???) nicht vorhanden ist – das liegt auch an der Schattenseite der virtuellen Welten, die DAS nicht verlangen.
Da blinkt und rattert, da dudelt und spielt immer was. Drei Dinge auf einmal – und wenn es nicht gefällt klickt man ganz schnell weg.

Und ja – auch ich spiele Computerspiele, ich besitze auch eine Spielkonsole (zugegeben – eine Alte, PS 2) und ich weiß wovon ich schreibe, bin kein alter, frustrierter Sack, der nur nicht weiß was die verrückte Jugend da treibt. So weit ist es mit mir noch nicht. ;)

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