Dienstag, 6. April 2021

Wir müssen leider draußen warten...

 Es hinterließ einen bleibenden Eindruck bei mir, als mir eine alte Dame erzählte das ihr Vater in Schlesien eine Gaststätte betrieb - und wie es mit den Zwangsarbeitern lief, während des zweiten Weltkrieges. 
"Normale" Fremdarbeiter - die durften in der Küche der Gaststätte bedient werden. Das kann man ja vielleicht auch noch rechtfertigen, wenn in der Gaststube Offiziere besoffen waren hätten Kriegsgefangene und Fremdarbeiter ihnen vielleicht etwas entlocken können, was nicht für deren Ohren war. 
Aber "minderwertige" Zwangsarbeiter, die aus dem Osten - die warteten draußen. Für die gab es ein Fenster, vor dem sie standen, wenn sie etwas wollten - und sie wurden bedient, wenn eben jemand "Zeit" hatte. 
Ihr Vater hat sie damals illegal in die Küche eingelassen, wenn gerade kein Parteibonze in der Nähe war. Aber das war gefährlich. 

Als ich das hörte, da war ich froh das diese Zeiten in Deutschland vorbei sind. Das uns Nichts so wichtig ist wie Gleichberechtigung aller möglichen Gruppen. Das Niemand jemals wieder benachteiligt werden kann weil er irgendwelche Makel hat. Echte oder vermeintliche. Nur wer klaut oder brutal ist hat eine Chance, Hausverbot oder Ähnliches zu bekommen. Dann auch berechtigt. 

Doch dann kam die Corona-Propaganda...

Während Pflegenotstand und Krankenhausschließungen, Ärzte- und Bewegungsmangel die Deutschen bislang nie störte, während sie auch jedes Jahr "cool" über eine halbe Million Herz-Kreislauf-Tote und eine viertel Million Krebstote unbeeindruckt hinweg gingen - selbst über die regelmäßig einigen Zehntausend, die jedes Jahr an den verschiedenen Erkrankungen der Atemwege versterben (nur zur Erinnung: Auch Corona-Viren greifen hier an) und aus Angst vor menschlichem Leid nie einen Blick in eine Intensivstation werfen würden... 
Kamen jetzt Tote in den Nachrichten! Mitten in Deutschland, Menschen, die sterben! 
Natürlich wirft das eine Gesellschaft, die den Tod verdrängt hat und Alte und Sterbende in Einrichtungen abschiebt, aus der Bahn. Obwohl die künstlich hoch getriebenen Opferzahlen derer, die "mit und an" (sic!) Corona-Viren starben, noch nicht einmal ein Promille der Bevölkerung - noch nicht einmal ein Promille des deutschen Volkes umfasst, sieht Jeder überall Krankheit und Tod. 

Irrational... 

Ich kann es durchaus verstehen, wenn Menschen mit schweren Vorerkrankungen sich ggf. besonders schützen. Während der Grippezeit möglichst Menschengruppen in geschlossenen Räumen meiden, mit wenigen Menschen engen Körperkontakt pflegen, etc. 
Aber was mir in der Goldenstedter Postfiliale passiert ist - das ging weit über das normale Maß an Besorgnis hinaus. Und was ich aus dem Rathaus Goldenstedt (die Antworten von DHL und des Gesundheitsamtes sahen zum Glück anders aus) dazu las - das ist ein Skandal, den ich hier schildern möchte. 

Der Vorfall selbst

Am Dienstag, den 08.12.2020 hatte ich eine Reklamation abzuschicken. Mit meinem kleinen Paket und dem Ausdruck von Amazon ging ich also zur Post. Ist ja kein Problem, Beides abgeben, evt. eine Unterschrift - fertig. DACHTE ich. 
Allerdings standen vor mir in der Schlange zwei ältere Damen. Die sahen mich nun, ohne meine Maske. Ich bin von der Pflicht, die Maske zu tragen, befreit - bekomme ziemlich unmittelbar schlimmste Beklemmungen unter dem Ding, zumal dann, wenn ich eine ernstnehmbare Maske und nicht irgendeinen albernen, wirkungslosen Lappen trage. 
Als diese Damen mich also sahen verwandelten sie sich unmittelbar in wilde Furien - ich solle sofort eine Maske aufsetzen oder den Laden verlassen, es wäre ihnen auch egal ob ich eine Befreiung hätte, ich soll raus - sofort. 
Mein Angebot, dass sie mich schnell vorlassen könnten - ich nur etwas abzugeben hätte und dann sofort raus gehe, nahmen sie nicht an. Ich solle eine Maske aufsetzen. Keine Kompromisse! 
Damit konnte ich nun nicht dienen. Entweder ich warte - oder die lassen mich vor - oder sie warten draußen bis ich als Gefahrenquelle fertig bin - das waren die Lösungen, die MIR einfielen und logisch schienen. 

Der Schrecken... 

Als sich dann eine Verkäuferin des Ladens meldete, durchaus freundlich, und mich aufforderte draußen auf die Bedienung zu warten - da war mein Geduldsfaden durch. 
Ich bin zum Schalter gegangen, habe das Paket und den passenden Zettel dort abgelegt und bin nach Hause gegangen. Später las ich im Sendungsverlauf, dass dieses Paket auch ordentlich bearbeitet wurde. 

Der Skandal dabei? 

Ich bin ein gestandener Mann. Weiß Recht und Unrecht zu unterscheiden und bin relativ selbstsicher. 
Aber ich kenne Senioren und Seniorinnen, andere Schwerbehinderte und Jugendliche - die wären einer solchen Situation nicht gewachsen. 
Deshalb wollte ich DAS nicht auf sich beruhen lassen. Außerdem nehme ich Aufforderungen wie "warte draußen, wir kümmern uns um Dich, wenn wir Zeit haben!" von Einzelhandelsgeschäften auch persönlich übel. Ich bin Kunde und kein Bittsteller. 

Die Bitte um Klärung

Noch am selben Vormittag habe ich über die Kontaktmöglichkeit die Leitung des Ladens um Stellungnahme gebeten: 

Sehr geehrtes "Team von ...", 

nach meiner unerfreulichen Erfahrung vor fünf Minuten habe ich eine konkrete Frage: 

Werden in ihrem maskenbefreite Kunden bedient? Und wenn ja - unter welchen Bedingungen? 

Wenn Sie mir zusagen, dass eine problemlose Bedienung möglich ist - gut, dann werde ich Ihnen in den nächsten Tagen einige maskenbefreite Kunden schicken und auch selbst weiterhin bei Ihnen verkehren. 

Wenn dies nicht möglich ist oder nur unter Auflagen wie "vor der Tür warten, bis eine Bedienung Zeit findet Behinderte draußen abzufertigen" - dann werde ich die Behindertenbeauftragten der unterschiedlichen Ebenen informieren und den Vorgang auch öffentlich machen - ebenso würde ich DHL und die Deutsche Post darüber informieren. Immerhin bin ich ja gezwungen, Pakete ggf. von Ihnen abzuholen.  

Zu meiner Person: 
Ich leide an einer Herzmuskelschwäche, bin deshalb seit Beginn der "Maßnahmen" von der Pflicht, Masken zu tragen, befreit (angeblich besteht die Maskenpflicht um Menschen wie mich zu schützen - nicht um sie zu diskriminieren). 
Ich sitze nach dieser "Rausschmiss-Erfahrung" jetzt am ganzen Körper zitternd an meinem PC. Ich hätte nicht gedacht, dass so ein Verhalten in Goldenstedter Einzelhandelsbetrieben möglich wäre. 

Dazu möchte ich gern eine Erklärung von Ihnen, damit ich nicht aus Versehen etwas Falsches schreibe - ansonsten werde ich am 10.12. ein entsprechendes Schreiben in Umlauf bringen. 

Herzliche Grüße dennoch, 

Ralf Fennig

P.S.: 
Ich möchte eigentlich solche Mails nicht schreiben - aber ich weiß, dass es viele Behinderte gibt, die nicht die Möglichkeit haben sich so auszudrücken wie ich - und ggf. klaglos draußen in der Kälte auf eine Bedienung warten. 

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Nachdem ich eine Woche vergeblich auf IRGENDEINE Reaktion gewartet habe war ich mir sicher: 
An Klärung und Kundschaft besteht kein Bedarf. 
Vielleicht sind die beiden alten Damen auch bessere Kunden als ich gewesen - kann sein, aber wenigstens ein paar Worte der Erklärung hätte ich erwartet. 
Also habe ich mich tatsächlich an Gemeinde, Landkreis (bzw. die Behindertenbeauftragten dort) gewandt - an das Gesundheitsamt und an DHL. 

Die Reaktionen: 

Das Gesundheitsamt antwortete relativ schnell - das Vorgehen der Verkäufer sei zumindest nicht durch die Verordnungslage gedeckt. "Behinderte draußen bedienen" ist nicht vorgesehen und auch nicht beabsichtigt. 
DHL ebenso. Es ist in deren Filialen vorgesehen maskenbefreite Kunden ohne besonderes Aufsehen normal zu bedienen. Wie zu erwarten war. 

Die Gemeindeverwaltung Goldenstedt

Von der Gemeinde Goldenstedt allerdings erhielt ich aus dem Rathaus einen echten Brüller: 
Vorab muss ich sagen das ich MEHRFACH im Laden erwähnt habe, dass ich eine Befreiung habe und auch vorzeigen könnte: 

in Beantwortung Ihrer o.g. Mail möchte ich folgendes mitteilen.

Die derzeit grds. geltende Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nach § 3 der Nds. Corona-Verordnung in den dort genannten Bereichen gilt gem. § 3 Abs. 6 nicht für Personen, für die „aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Vorerkrankung, zum Beispiel einer schweren Herz- oder Lungenerkrankung, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht zumutbar ist“. Gleichwohl muss diese „Befreiung“ vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung „durch ein ärztliches Attest oder eine vergleichbare amtliche Bescheinigung“ glaubhaft gemacht werden.

In der Folge ist Ihr ärztliches Attest, wonach Ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht zugemutet werden kann, in jedem Fall dem Geschäftsinhaber/in auf Verlangen vorzulegen.

Wie ich Ihre Schilderung verstehe, gab es in vorliegendem Fall offenbar keine Gelegenheit Ihr Attest dem Inhaber/in vorzulegen, um dieses Missverständnis schnell aus dem Weg zu räumen. Dass Sie daraufhin draußen auf eine Bedienung warten mussten ist natürlich nicht das Mittel der Wahl – dennoch sehe ich hier in keinem Fall eine Diskriminierung von Behinderten. Vielmehr sind auch die Geschäftsinhaber/innen aufgefordert die geltenden Corona-Regelungen in ihrem Geschäft auf Einhaltung zu überprüfen.

Sollte Ihnen etwas ähnliches erneut passieren, empfehle ich, Ihr Attest immer „griffbereit“ zu haben, um auf Nachfrage die Lage schnell schildern zu können, sodass Situationen, wie von Ihnen beschrieben, nicht erneut vorkommen. Natürlich ist dabei die Rücksichtnahme anderer Kunden unerlässlich.


Deshalb versuchte ich, dass Ganze noch einmal genauer zu schildern: 

verstehe ich das richtig: 
Aus Ihrer Sicht (und Sie äußern sich ja im Namen der Gemeinde Goldenstedt und nicht privat) ist es KEINE Diskriminierung Behinderter, wenn diese aufgefordert werden draußen vor der Tür darauf zu warten, bis man sich um deren Anliegen kümmert? 
Auch vor dem Hintergrund das ich solch eine Behandlung eigentlich nur aus den Erzählungen von und über "Ostarbeiter" im letzten Krieg kenne war ich selbst doch einigermaßen erschreckt als die Mitarbeiter bei Peschke diesen "Vorschlag" der (ich würde es "hysterisch" nennen) anwesenden Kundinnen aufgriffen und mich dazu aufforderten. Zumal meine Maskenbefreiung dort vorher nie ein Problem war - sich die Mitarbeiter also wohl dem "sozialen Druck" durch andere Kunden gebeugt haben. Mir unverständlich. 
Ich habe mehrfach auf mein vorhandenes Attest hingewiesen und es hätte Möglichkeit bestanden, es auch einzusehen (wenn erforderlich). 

Wenn ich es RICHTIG verstehe und dies aus Sicht der Gemeindeverwaltung ein adäquater Umgang mit Schwerbehinderten ist - dann würde ich diese Haltung gern aufgreifen und auch im Wahlkampf thematisieren. Die Lebensqualität Schwerbehinderter in Goldenstedt ist mir schon ein Anliegen. 
Deshalb ist es mir wichtig, hier noch einmal nachzuhaken - bevor ich vielleicht einem Missverständnis aufsitze. Ich will ja auch nichts Falsches behaupten. 

darauf antwortete der Mitarbeiter: 

danke für Ihre Antwort in o.g. Angelegenheit.

Wir haben die Thematik zwischenzeitlich hausintern nochmals erörtert. Danach gilt nach wie vor die am 28.12.2020 mitgeteilte Rechtsauffassung.

 

Zu Ihrem Hinweis der „Diskriminierung“ möchte ich folgendes anmerken:

Die von Ihnen angenommene „Diskriminierung“ liegt aus unserer Sicht, nach erneuter Überlegung, nicht vor und ist sicherlich seinerzeit auch nicht von der Geschäftsinhaberin gewollt gewesen.

Um jedoch alle Missverständnisse in dieser Angelegenheit endgültig auszuräumen schlage ich hierzu ein Dreier-Gespräch vor – Geschäftsinhaberin, Ratsherr, Gemeindeverwaltung.

Natürlich müsste hierzu die Geschäftsinhaberin Frau Eschke vorab befragt werden.

Ich hoffe, Sie sind mit diesem Vorschlag einverstanden.

Gerne steht Bürgermeister Kuhlmann für ein Telefonat vorab zur Verfügung.


Fazit: 
Von dem betroffenen Einzelhandelsgeschäft bin ich enttäuscht. Auch weil ich dachte, dass es dort tatsächlich so etwas wie Kundenfreundlichkeit gäbe und man zumindest im Nachhinein die Dinge klarstellen würde. 
Von der Gemeindeverwaltung aber bin ich eindeutig ENTSETZT. 
Man stelle sich vor, in einem Geschäft drehen zwei ältere Damen durch weil ein Schwarzer hinter ihnen steht - und setzen bei der Verkäuferin durch das er doch draußen warten soll, bis er bedient wird.... 

Und jetzt? 

Meine letzte Mail zum Thema blieb inhaltlich unbeantwortet 

"Ich habe auch nie behauptet, dass es von der Geschäftsinhaberin "gewollt" war. 
Die Situation war (habe ich ja mehrfach geschildert) das zwei "Damen" verlangten, dass ich (trotz Befreiung) einen Mundschutz aufsetze oder draußen warte. 

wenn es die Rechtsauffassung der Gemeinde Goldenstedt ist, dass es Rechtens wäre Behinderte draußen auf Bedienung warten zu lassen weiß ich Bescheid. Mit dieser Mitteilung kann ich weiter arbeiten. 

Vielen herzlichen Dank für Ihre Klarheit, 

Ralf Fennig"


 für mich steht also fest, welchen Stellenwert Schwerbehinderte in der Gemeindeverwaltung generell haben. 
Kann ja sein, dass sich die Mitarbeiter um einzelne andere Fälle anders kümmern - aber niemand kann mir mehr erzählen das die Gemeindeverwaltung generell für die Interessen Behinderter da wäre. 

Und auch wenn ich GRUNDSÄTZLICH davon überzeugt bin, den Einzelhandel vor Ort stärken zu wollen - derartige Läden werde ich nicht betreten. Selbst wenn es nicht so gemeint gewesen sein sollte - es war so gemacht. Und NIEMAND hat auf die Frage, wie es gemeint war, zu reagieren nötig gehabt.