Mittwoch, 28. November 2018

Brief an die GSP

Ich diskutiere ja grundsätzlich sehr gern. Am Liebsten schriftlich, weil ich dann genauer lesen und Worte abwägen kann.
Andere Meinungen finde ich auch durchaus spannend. Mit EINER Ausnahme: Wenn sie zu überheblich daher kommen. Leider gehört Überheblichkeit zum deutschen Nationalcharakter. Wir meinen immer, es besser zu können und zu wissen.
Extrem momentan. Alle Völker, außer wir, machen Alles falsch. Ungarn - böse. Briten - böse. Russen - böse. Polen - böse. USA - böse. Italien - böse. Etc. pp.
Heute war ich auf einem Vortrag der Gesellschaft für Sicherheitspolitik zu den Zwischenwahlen in den USA.

Konnte mir nicht verkneifen anschließend einen Brief zu schreiben.

Zunächst: Vielen Dank, für die guten Vorträge, die im Normalfall in Ihrer Verantwortung durchgeführt werden.

Auch heute war der erste Teil des Vortrages sehr informativ. Ich hatte mich vorher nie intensiver mit dem US-Wahlsystem und der Struktur der US-Regierung befasst, da bin ich jetzt um Einiges klüger.
Was mich allerdings immer irritiert ist die Neigung von uns Deutschen anderen Völkern vorschreiben zu wollen was sie zu denken und zu wählen haben.
Das Wahlsystem der USA hat Donald Trump zum Präsidenten gemacht - damit müssen wir umgehen. Es bringt uns nichts, zu spekulieren "was passiert, wenn Trump schlecht träumt? Beginnt er dann einen Weltkrieg?" - einige seiner Vorgänger haben ganze Weltregionen in Brand gesetzt, teilweise mit Hilfe erwiesener Lügen (BinLaden wurde mit saudischem Geld finanziert und saß in Pakistan - Saddam Hussein hatte keine Massenvernichtungswaffen - und Libyen war unter Gaddafi stabiler als heute - Syrien, bevor wir  Assad stürzen wollten und dafür IS bewaffneten übrigens auch). DAS war nicht Trump.
Egal, ob die US-Amerikaner Trump oder Clinton wählen ist deren Entscheidung.
Ob die Russen Putin und die Ungarn Orban und die Franzosen Macron möchten - wir haben das zu respektieren.

Das ein Hamburger davon überzeugt ist, das urbane Gesellschaften dem ländlichen Raum Vieles voraus hätten - verständlich.
Für Deutschland weiß ich nicht, ob es zutrifft das Berliner und Bremer gebildeter sind als Oberbayern oder Franken (oder Südoldenburger) - Sachsen schneidet regelmäßig z.B. sehr gut ab in Studien zur schulischen Bildung.
Solche Dinge brauche ich in Vorträgen eines Wissenschaftlers einfach nicht.

Ich bin kein Trump-Fan, er ist ein teils ungehobelter New-Yorker. Aber wirklich unberechenbar ist er nicht - und etwa die Hälfte der US-Amerikaner steht hinter diesem Präsidenten. Auch ein Teil der urbanen Bevölkerung, auch einige Schwarze, Schwule, Frauen, Transgender, Behinderte, Kranke, Abgehängte, Jugendliche, was auch immer.
Warum kann man so etwas nicht einfach respektieren?

Nächstes Mal wird es um "Fake-News" gehen.
Ganz großes Thema.
Falschmeldungen oder n.t. (Ente) sagte man früher. Gab es immer, wird es immer geben.
Ob es "Ausschreitungen in Chemnitz" sind, "systematische Hetzjagden" - oder ob es irgendwelche "Pizzabäcker-Affären um Mrs. Clinton" sind - oder Massenvernichtungswaffen im Irak (das kostete immerhin einigen zehntausend Menschen das Leben) - oder irgendwelche Chemtrail- und Impf-Horrorgeschichten.
Es gibt sie. Es gab sie immer und wird sie immer geben.
Was kann man dagegen tun?
Es gäbe zwei mögliche Strategien.

Die erste mögliche Strategie:
Bildung. Umfassende Bildung - ein Bildungssystem, das diesen Namen verdient. Das kostet Disziplin und Arbeit. Leistung. Ganz schlimme Sache heutzutage (übrigens hauptsächlich Dank der urbanen Eliten, die gerade in Deutschland Leistung ganz schlimm finden). Und ich meine umfassende Bildung - keine ideologische Schulung. Humboldt statt Marx. Goethe statt Gender.
Die zweite mögliche Strategie:
Zensur. Eine beliebige Stelle entscheidet, welche Nachrichten verbreitet werden - und was "Fake-News" ist.
Das schützt zwar nicht vor Falschmeldungen (die gab es wie gesagt immer und wird es immer geben), aber es monopolisiert die Meldungen. Man kann sich dann davor schützen, dass Fake-News enttarnt werden. Dinge, wie eine Kölner Sylvesternacht bleiben dann, was sie bleiben sollten: Ein lokales Ereignis. Keiner Meldung wert.

Was will man jetzt machen?
Erwiesene Falschmeldungen unter Strafe stellen?
Ab welchem Umfang? 
Unter Reservisten höre ich oft, dass die Berichte der Presse über militärische Themen oder Vorträge etc. nicht immer ganz der Wahrheit entsprechen. Kann man dann die Journalisten zu Millionenstrafen verurteilen?

Ich glaube nicht, dass ich eine Reporterin ohne Grenzen brauche um anschließend einschätzen zu können welche Meldung vertrauenswürdig ist - und wo es sich um "Fake" handelt. Oder wo nur falsche Bewertungen zugrunde liegen (wie am heutigen Tag wenn ich daran denke, dass u.a. die Subsidiarität "was vor Ort entschieden und geregelt werden kann geht dem Wasserkopf nichts an - und die Zentralmacht soll möglichst klein gehalten werden" gegen die repräsentative Demokratie (die nie bedeutete das man als Bürger alle Verantwortung nach Berlin oder gar nach Brüssel oder New York verlagert, und dort entschieden wird wie viel Wasser meine Klospülung verbrauchen darf) ausgespielt wurde).
Ich freue mich aber darauf, dass sicherlich auch wieder relevante Vorträge im Jahresplan 2019 stehen werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Ralf Fennig (weiß, hetero, Mann, evangelikal, ländlich geprägt, ungebildet)